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Ich habe keine Zeit, mich zu beeilen.

Igor Fjodorowitsch Strawinsky

Literaturempfehlungen zum Warten

Englische Literatur:

Zeitschriften und Essays:
1. The Idler: www.idler.co.uk
2. In Praise of Idleness (Bertrand Russell)

Bücher:
1. The Book of Idle Pleasures
2. How to Be Idle (mit vielen Literaturhinweisen)
3. Three Men in a Boat.
4. The Idler’s Glossary. By Joshua Glenn and Mark Kingwell

Deutsche Literatur:

Zeitschriften und Essays:
1. Die Zeit: Wie wollen wir leben? (Susanne Gaschke)
2. Die Zeit: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. (Christian Schüle)
3. Die Zeit: Luxusartikel Zeit (Heike Leitschuh-Fecht)

Bücher:
1. Anleitung zum Müßiggang. (Tom Hodgkinson)

Hard Work often pays off after time, but idleness always pays off now.

— author unknown

Time you enjoy wasting isn’t wasted time.

— Bertrand Russell

You can procrastinate later.

— kanzure

Procrastination is the art of waiting.

— Procrastination help

Ihr habt die Uhr, wir haben die Zeit.

— altes arabisches Sprichwort

“Die rechte Kunst”, rief der Meister aus, “ist zwecklos, absichtlos! Je hartnäckiger Sie dabei bleiben, das Abschießen des Pfeils erlernen zu wollen, damit Sie das Ziel sicher treffen, um so weniger wird das eine gelingen, um so ferner das andere rücken. Es steht Ihnen im Wege, daß Sie einen viel zu willigen Willen haben. Was Sie nicht tun, das, meinen Sie, geschehe nicht.”

 

“Aber Sie selbst haben doch oft genug gesagt”, warf ich ein, “Bogenschießen sei kein Zeitvertrieb, kein zweckloses Spiel, sondern eine Angelegenheit auf Leben und Tod.”

 

“Dabei bleibe ich durchaus. Wir Bogenmeister sagen: Ein Schuß – ein Leben! Was dies bedeutet, können Sie jetzt noch nicht verstehen, aber vielleicht hilft Ihnen ein anderes Bild, welches dieselbe Erfahrung ausdrückt. Wir Bogenmeister sagen: mit dem oberen Ende des Bogens durchstößt der Bogenschütze den Himmel, am unteren Ende hängt, mit einem Seidenfaden befestigt, die Erde. Wird der Schuß mit starkem Ruck gelöst, besteht die Gefahr, daß der Faden zerreißt. Für den Absichtlichen und Gewalttätigen wird die Kluft endgültig, und der Mensch verbleibt in der heillosen Mitte zwischen Himmel und Erde.”

 

“Was habe ich also zu tun ?” fragte ich nachdenklich.

 

“Sie müssen das rechte Warten erlernen.”

 

“Und wie erlernt man das ?”

 

“Indem Sie loslassen von sich selbst, so entschieden sie sich selbst und all das Ihre hinter sich lassen, daß von Ihnen nichts mehr übrigbleibt als das absichtslose Gespanntsein.”

 

“Ich soll also mit Absicht absichtslos werden”, entfuhr es mir.

 

“So hat mich noch kein Schüler gefragt, und ich weiß daher die rechte Antwort nicht.”

 

“Und wann beginnen wir mit diesen neuen Übungen ?”

 

“Warten Sie, bis es an der Zeit ist!”

 

Zen in der Kunst des Bogenschiessens von Eugen Herrigel (1948).

Warum warten? Eine kurze Geschichte des Wartens.

Das Leben kann ein einziges Warten sein; für viele Menschen ist das Warten eine ärgerliche Zwangspause. Die Frage worauf die Menschen warten, läßt sich leicht beantworten. Auf den Arzttermin, den Zug oder die Verabredung. Allerdings führt diese Frage in die falsche Richtung. Unter warten soll nicht das ‘warten auf’, nicht das fremdbestimmte Warten verstanden werden. Vielmehr soll der Genuß des Wartens im Vordergrund stehen. Warten als Luxus in einer beschleunigten Welt. Schwieriger ist daher die Frage, wie man wartet. Das Wartezimmer (Arzt) oder der Warteraum (Bahn) nimmt dabei eine ambivalent Rolle ein, da ein Genuß desselben durch ein Warten auf den Termin im Vordergrund steht. Hier dreht sich alles um den baldigen Start des Termins. Wann werde ich den Arzt sehen oder wann fährt die Bahn endlich ab! Dabei ist die Zeit sowohl ökonomisch im Sinne von ‘Zeit ist Geld’ als auch persönlich für das Wohlbefinden falsch genutzt. Wie ist also das Warten zu gestalten? Im Mittelpunkt des richtigen Wartens steht nicht das zukünftige Ereignis auf das fast immer gewartet wird. Es ist das Auskosten, der Genuß des Augenblicks, des Jetzts – also der Gegenwart – die es zu gestalten gilt. Die Zeit zur Spekulation über die Zukunft zu verwenden, kann die Wartezeit geradezu zu einer Tortur werden lassen und unnötigen Streß verursachen. Anderen ist die Wartezeit als Einfallstor für verdrängte Fragen und Probleme zu wider. Die ständige Beschäftigung mit anderen Themen und Problemen wird durch die zwangsweise auferlegte Wartezeit kontakariert. Was genau in der Wartezeit getan werden kann ? Gelassenheit bewahren! Beobachten Sie einfach einmal in Ruhe ihre Umgebung und entspannen Sie sich.

Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann.

Leo Tolstoi, in Der Schlüssel zur Gelassenheit

Gelassenheit ist die Kunst, sich auszuruhen bevor man müde wird.

Autor unbekannt.

Wenn Du in Eile bist, mache einen Umweg.

Autor unbekannt.

When in haste, it is sometimes best to take a roundabout way.

Samurai in The 47 Ronin Story [by John Allyn], S.123.

Warteraum

Viel gesehen, häufig geschmäht. Die Uhr auf dem Pictogramm neben der wartenden  Person sagt eigentlich schon alles: Die Warteräume der Deutschen Bahn laden nicht unbedingt zum Verweilen ein. Besser wartet es sich da in einem nahegelgenen Café oder an der frischen Luft – wenn das Wetter stimmt. Warten ist schließlich nicht eine reine Zeitüberbrückung, sondern geschenkte Zeit für den Müßiggang.

Der Warteraum in jedem Bahnhof

Der Warteraum in jedem Bahnhof